Die Sony World Photography Awards 2015
Die Sony World Photography Awards fanden dieses Jahr zum achten Mal statt und haben sich zu einem echten Ereignis entwickelt. Mit mehr als 173.000 eingereichten Beiträgen im Jahr 2014 ist die Veranstaltung mittlerweile zum größten Fotografiewettbewerb der Welt avanciert. Grund genug für uns, um der Preisverleihung in London einen Besuch abzustatten und das bisher erfolgreichste Jahr des Wettbewerbs gebührend zu feiern.
Vormittag
Unser Tag beginnt im Hotel Mondrian London at Sea Containers direkt an der Themse. Als wir im 12. Stock aus dem Aufzug steigen, werden wir vom Anblick der Londoner Skyline begrüßt, die sich eindrucksvoll vom dunklen Himmel abhebt. Wir sind hier, um mit Scott Gray zu sprechen, dem Gründer und CEO der World Photography Organisation. Scott hat nur Gutes über die langjährige Zusammenarbeit mit Sony zu berichten: „Sony kam dazu, als der Wettbewerb noch in den Kinderschuhen steckte. Das ist ein ziemlicher Vertrauensvorschuss für solch ein großes und renommiertes Unternehmen.“
Aussicht vom Balkon
Die Sony World Photography Awards (SWPA) sind in der Hinsicht einzigartig, dass jeder daran teilnehmen kann. Durch die verschiedenen Kategorien für Fotografen aller Kenntnisstufen ist der Wettbewerb nicht nur einer bestimmten Elite vorbehalten, sondern auch Anfänger werden ermutigt, ihre Beiträge einzureichen. Scott erzählt uns die inspirierende Geschichte des 12-jährigen Amerikaners Justin Lee, dessen Mutter ihn in diesem Jahr für die Jugendkategorie angemeldet hatte. „Sein Foto wurde in die Top 50 gewählt. Wir haben ihm die Nachricht geschickt, während er in der Schule war, und er hat sich riesig gefreut. Das Tolle aber ist, dass er jetzt eine Fotografieklasse besucht, und im Sommer wird unsere örtliche Bibliothek sogar seine Arbeiten ausstellen.“
„Für diesen 12-jährigen Jungen hat sich durch die Sony World Photography Awards eine ganz neue Welt eröffnet. Er hat jetzt die nötige Bestätigung und Ermutigung, um seinen Weg weiterzuverfolgen. Dieser Umstand ist für mich genauso großartig und wichtig, wie die Auszeichnung von Elliott Erwitt mit dem Outstanding Contribution Award.“
Scott Gray.
Nachmittag
Nach den inspirierenden Geschichten einiger der diesjährigen Nominierten machten wir uns auf den Weg ans andere Ufer des Flusses, um die Fotos der Sony World Photography Awards Ausstellung 2015 persönlich in Augenschein zu nehmen. Bereits seit 2008 bietet das Somerset House mit seiner architektonischen Eleganz die perfekte Kulisse für die hochwertigen Arbeiten der Ausstellung. In den mit Parkett ausgelegten Räumen und Fluren zeigt sich das ganze Spektrum – von knallhartem Fotojournalismus über wunderschöne Landschaften bis hin zu rührenden Porträtaufnahmen.
Innenhof von Somerset House
Hier sprechen wir auch mit Liza Van der Stock, einer Studentin der Universität Gent, die in der Profikategorie „Menschen“ den dritten Platz belegte. In ihren Bildern porträtiert sie eine Familie, die mit dem Drehen von Pornofilmen ihren Lebensunterhalt verdient. „Es war mir sehr wichtig, sowohl ihren normalen Alltag als auch ihren Arbeitsalltag zu dokumentieren, da die Pornobranche oft sehr klischeebeladen und stigmatisiert ist.“
„Nachdem ich sie kennengelernt hatte, wurde mir klar, dass sie ganz normale Menschen mit normalen Beziehungen und einem normalem Familienleben sind. Das ist für mich wahrscheinlich der wichtigste Aspekt meiner Dokumentation: das Menschliche hinter der kitschigen und künstlichen Pornowelt.“
Jedes einzelne Foto ist ein Highlight für sich, weshalb Besucher ausreichend Zeit einplanen sollten, um alle Arbeiten zu sehen und auf sich wirken zu lassen.
Liza Van der Stock spricht mit Ausstellungsbesuchern.
Abend
Für einen Abend im Jahr ist das Hilton Park Lane Hotel Schauplatz des Fotografie-Events des Jahres, auf dem sich die besten Fotografen der Welt tummeln.
Die ersten Auszeichnungen des Abends gehen an Yong Lin Tan und Svetlana Blagodareva – die Gewinner der Jugend- und „Student Focus“-Kategorien, von denen wir in Zukunft sicher noch einiges sehen und hören werden. Anschließend blicken wir kurz zurück auf die beeindruckende Karriere von Elliott Erwitt, der auf der diesjährigen Veranstaltung mit dem Outstanding Contribution to Photography Award geehrt wird. Leider kann Erwitt an diesem Abend nicht dabei sein, wofür wir aber mit einer rührenden Hommage an sein Schaffen entschädigt werden. Freunde und Familie gratulieren per Video, wobei jeder einzelne seinen ganz besonderen Sinn für Humor hervorhebt, der sich auch in seinen Fotografien widerspiegelt.
Eine Kostprobe von Elliott Erwitts Arbeiten
Nach einem opulenten Drei-Gänge-Menü ist es Zeit, die Gewinner der dreizehn Profikategorien bekanntzugeben. 45 Minuten lang betreten Fotografen aus Italien, Deutschland, Kanada, China usw. die Bühne, um ihre Auszeichnung überglücklich und voller Stolz entgegenzunehmen.
Der letzte Preis des Abends ist die Iris d’Or, die begehrte Auszeichnung für den besten Fotografen aller Kategorien. Der verdiente Gewinner in diesem Jahr ist John Moore, dessen ernüchternde Bilder der Ebola-Krise in Liberia ihm auch den ersten Platz in der Kategorie „Zeitgeschehen“ einbrachten. Moore, der gerade von einem einwöchigen Aufenthalt im Irak zurückgekehrt ist, wo er den Aufstieg der IS-Extremistenorganisation dokumentierte, verlässt die Bühne mit ungläubigem Gesichtsausdruck. „Letztes Jahr war ich mit einer der schwierigsten Aufgaben meiner bisherigen Laufbahn konfrontiert, und ich fühle mich sehr geehrt, dass die Jury genau diese Arbeiten ausgewählt hat. Ich bin den Menschen in Liberia zu großem Dank verpflichtet, dass sie mir erlaubt haben, eine solch schwierige Situation zu dokumentieren.“
John Moore
John Moores Arbeiten bei der SWPA Ausstellung
Damit neigt sich die Preisverleihung dem Ende. Während die Besucher bereits ihre Plätze verlassen und Moore weiterhin von Kameras und Journalisten umzingelt wird, nutzen wir die Gelegenheit, uns mit Jocelyn Bain Hogg zu unterhalten, der Mitglied der diesjährigen Jury war. Natürlich sprechen wir über die Gewinnerfotos von Moore. „Seine Arbeiten zeigen eine schreckliche Situation, aber sie zeigen auch viel Menschlichkeit“, erzählt er. „Als Jury-Mitglied sieht man tausende Bilder. Was einem aber sofort ins Auge sticht, sind Arbeiten, die mit Überzeugung, Leidenschaft, Menschlichkeit und Herz gemacht wurden.“
„Wir sind hier bei den Sony World Photography Awards, einem weltweit renommierten Wettbewerb, bei dem es nicht um hübsch anzusehende Bilder geht. Die Bilder müssen für etwas stehen, eine Bedeutung haben. Das ist unser Anspruch als Jury.“
Der Festsaal ist mittlerweile leer. Während die Lichter angehen und die leeren Weingläser abgeräumt werden, sind die Gäste bereits unterwegs nach nebenan zur After-Party, auf der weiter getrunken und gefeiert wird. Die Sony World Photography Awards haben ein weiteres aufregendes Jahr hinter sich, und wir sind jetzt schon gespannt auf das nächste Jahr.
Die Frist für die Einreichung von Beiträgen für die nächsten Sony World Photography Awards beginnt am 1. Juni 2015. Weitere Informationen sind auf der World Photography Organisation Website zu finden.